Eine Alternative zu Aktien?


Aktien verlieren derzeit kräftig an Wert, der S&P 500 ist in diesem Jahr bereits um rund 13 Prozent gesunken, ähnlich geht es europäischen Aktien. Aber von vielen fast unbemerkt haben auch die Rentenmärkte kräftig verloren, so büßte der globale Rentenindex seit Sommer vergangenen Jahres rund 15 Prozent an Wert ein. Was heißt das für Anleger?

“Be careful what you wish for – you just might get it” Vorsicht mit Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen sagt der Angelsache gerne. Jahrelang haben Anleger auf höhere Zinsen gehofft. Nun steigen die Renditen tatsächlich kräftig. Das Aufblühen der Wirtschaft nach den Corona-Jahren, die (zu) hohe Unterstützung durch die Fiskalpolitik, Lieferengpässe in der Industrie und der Ukrainekrieg – all das hat zu Inflationsraten geführt, die wir seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben und die kaum noch jemand für möglich gehalten hatte. In den USA hat ein Anstieg der Leitzinsen eingesetzt, der mit Schritten von 50 Basispunkten pro Sitzung ein ungekanntes Tempo aufweist. Auch in der Eurozone zeichnet sich ein Ende der Null- und Negativzinsen ab. Dieser globale Zinsanstieg führt am langen Ende der Renditekurve zu empfindlichen Kursverlusten bei Anleihen.

Erst keine Zinsen und jetzt noch Kursverluste? Nun, die positive Seite dieser Entwicklung ist: Es gibt wieder Zinsen. Zweijährige US-Staatsanleihen rentieren bei rund 2,7 Prozent. Wer als US-Anleger in sie investiert, bekommt in zwei Jahren rund 5,5 Prozent mehr zurück – und zwar sicher. Bei Aktien ist es dagegen alles andere als sicher, dass man in zwei Jahren 5,5 Prozent mehr hat. Ähnliches gilt für Anleger aus der Eurozone. Wer sein Geld in zehnjährige italienische Staatsanleihen investiert, erhält jetzt eine jährliche Rendite von drei Prozent, das ist auf zehn Jahre gerechnet mehr als die erwartete Inflationsrate über denselben Zeitraum. Aktien sind also nicht mehr alternativlos. Entsprechend lastet der Renditeanstieg nicht nur auf den Renten-, sondern auch auf den Aktienkursen; insbesondere auf Titeln, deren Unternehmensgewinne noch in weiter Zukunft liegen. Aktien mit hoher Dividende haben den Zinsanstieg in weiten Teilen besser weggesteckt. Unverändert gilt allerdings: Langfristig und gerade in Zeiten hoher Inflation sind Aktien unverzichtbarer Bestandteil einer Kapitalanlage. Zwar mögen jetzt Rentenpapiere kurzfristig sicherer sein und vielleicht sogar positive Realrenditen abwerfen, wenn man ein gewisses Risiko eingeht. Langfristig bieten Aktien aber unverändert die deutlich besseren Renditeaussichten.

Newsletter vom 11. März 2022

Dr. Martin Moryson – Chefvolkswirt Europa
DWS

Zum Newsletter anmelden