Eskalation im Nahen Osten: Versuch der historischen Einordnung

Carsten Brömstrup

Die globalen Aktienmärkte fielen bereits in der ersten Reaktion der israelischen Schläge gegen den Iran (13.06.), aber die Geschichte zeigt, dass die Auswirkungen von geopolitischen Ereignissen auf die Märkte oft nur von kurzer Dauer sind. Wir empfehlen, sich auf langfristige Ziele zu konzentrieren, ein diversifiziertes Portfolio beizubehalten und Gold als Absicherung des Portfolios zu nutzen.
 
Nach den israelischen und nun auch US-Angriffen (seit dem 22.06.) auf iranische Nuklear- und Militärziele gaben die Aktienmärkte erwartungsgemäß nach. Die letzten Tage waren von wechselseitigen Raketenangriffen zwischen den Kriegsparteien geprägt, wobei Israel die Reichweite seiner Angriffe auch auf die Energieinfrastruktur Irans ausdehnte.
 
Dies hat die Besorgnis über die „Straße von Hormus“ erhöht, die eine kritische Arterie für den weltweiten Öltransport darstellt, da täglich mehr als 20 Millionen Barrel Öl (und auch LNG) durch den engen Schifffahrtskorridor fließen. Sollte der Iran diese Meeresroute schließen und eine länger andauernde Unterbrechung drohen, so könnten die Ölpreise nach Bloomberg Analyse in Richtung 130 USD/Barrel oder höher steigen. Dies würde einen zusätzlichen Preisschock darstellen und die Sorgen über die inflationären Auswirkungen der US-Zoll- und Handelspolitik verstärken. Die globale Wirtschaftstätigkeit dürfte in einem solchen Szenario stark beeinträchtigt sein, wobei die endgültigen Auswirkungen stark von der Dauer der Unterbrechung der Energieversorgung abhängen würden. Die weiteren Risiken bestehen in Vergeltungsmaßnahmen des Iran gegen US-Einrichtungen (hohes Risiko) und dem direkten Einbezug Russlands und Chinas in den Konflikt (niedriges Risiko). Ein solches Negativszenario wird wahrscheinlich zu weiteren, deutlicheren Aktienrückgängen führen.
 
Die historische Betrachtung der Säulengrafik zeigt aber, dass die Auswirkungen geopolitischer Ereignisse auf Aktien in der Regel von kurzer Dauer sind. Während der letzten 11 geopolitischen Großereignisse (beginnend mit dem ersten Golfkrieg und endend mit dem Russland-Ukraine-Konflikt) lag der S&P 500 eine Woche nach dem Ereignis im Durchschnitt nur 0,3% niedriger und 12 Monate später im Durchschnitt 7,7% höher. Dies wäre gleichbedeutend mit einem harmloseren und überschaubaren Krisenszenario, in dem der Konflikt weitgehend auf Israel und den Iran beschränkt bleibt und Israels Verbündete dabei helfen, die Bedrohung durch iranische Raketen- und Drohnenangriffe einzudämmen. Die Energieinfrastruktur in der Region bleibt weitgehend intakt und die Seewege sind nicht unterbrochen. Mögliche Produktionseinbußen durch den Iran werden durch Reservekapazitäten von anderen Ölproduzenten der Region kompensiert. Wir weisen auch darauf hin, dass die Opec (+) in der Vergangenheit bei längeren und beträchtlichen Ausfällen ihre Produktion erhöht hat, um ein Marktgleichgewicht zu wahren. OECD-Länder könnten auch ihre strategischen Ölreserven nutzen, um vorübergehende Lieferengpässe auszugleichen.
 
In diesem Positivszenario wäre der Anstieg der Ölpreise wahrscheinlich nur vorübergehend und so kurzlebig, dass er die Dynamik der globalen Inflation nicht wesentlich beeinflussen würde. Risikoanlagen könnten kurzfristig etwas mehr an Wert verlieren, würden sich aber wahrscheinlich auch schnell wieder erholen, sofern klar ist, dass der Konflikt eingedämmt ist. Dieses Ergebnis steht aktuell im Einklang mit unserer Hausmeinung und unserem konjunkturellen Basisszenario. Hier antizipieren wir zwar ein schwächeres Wirtschaftswachstum, aber wir erwarten keine Rezession in den USA. Zudem erwarten wir durch verschiedene staatliche „Konjunkturbooster“ die Rückkehr Deutschlands zu sichtbarem Wachstum. So liegt der Dax auch kurz vor Ende des 1. Halbjahres 2025 immer noch in Schlagdistanz zu seinem Allzeithoch bei 24.480 Punkten vom 05.06.2025.
 
Eine erhöhte kurzfristige Volatilität könnte Anlegern die Möglichkeit geben, schrittweise in globale Aktien oder ausgewogene Portfolios zu investieren („buy the dip“-Strategie). Wir konzentrieren uns auf ausgewählte Sektoren, darunter US-Technologie und ganz speziell in unseren Entscheidungsgremien ausgewählte, dividendenstetige Einzelwerte in Europa (Finanzwerte) und den USA. Bei der Auswahl achten wir auf die Abhängigkeit von Öl- und Gaspreisen sowie „Seltenen Erden“, die augenscheinlich von China immer gravierender als Druckmittel verwendet werden. Emerging Markets (untergewichtet) profitieren zwar von dem schwächeren US-Dollar, sind aber besonders volatil bei Ölpreisschüben.
 
Darüber hinaus unterstreicht die Kursentwicklung des Goldes in Krisenszenarien immer wieder die Rolle als langfristiger Portfoliodiversifikator. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass Gold eine äußerst wirksame Absicherung gegen geopolitische Risiken darstellt, und empfehlen Anlegern, ihr Engagement in diesem Metall beizubehalten und auf ein strategisches Maß auszubauen. Es hat uns gute Dienste erwiesen.


Weitere wichtige Hinweise

Marketingmitteilung

Diese Publikation ist eine Marketingmitteilung der Oldenburgische Landesbank AG im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes.

Kein Angebot, keine Beratung

Diese Information enthält kein Angebot zum Erwerb oder zur Zeichnung der darin genannten Wertpapiere und auch keine Einladung zu einem solchen Angebot. Die geäußerten Meinungen geben unsere aktuelle Einschätzung wieder, die sich auch ohne vorherige Bekanntmachung ändern kann. Diese Information kann eine auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers und seine Anlageziele abgestellte Beratung nicht ersetzen.

Adressat

Die hier wiedergegebenen Informationen und Wertungen („Information“) sind ausschließlich für Kunden, die Ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, bestimmt. Insbesondere ist diese Information nicht für Kunden und andere Personen mit Sitz oder Wohnsitz in Großbritannien, den USA, in Kanada, Asien oder in der Schweiz bestimmt und darf nicht an diese Personen weitergegeben werden oder in diese Länder eingeführt oder dort verbreitet werden. Dieses Dokument einschließlich der darin wiedergegebenen Informationen dürfen im Ausland nur in Einklang mit den dort geltenden Rechtsvorschriften verwendet werden. Personen, die in den Besitz dieser Information gelangen, haben sich über die dort geltenden Rechtsvorschriften zu informieren und diese zu befolgen.

Keine Gewährleistung

Die Informationen wurden sorgfältig recherchiert und beruhen auf Quellen, die die Oldenburgische Landesbank AG als zuverlässig ansieht. Die Informationen sind aber möglicherweise bei Zugang nicht mehr aktuell und können überholt sein. Auch kann nicht sichergestellt werden, dass die Informationen richtig und vollständig sind. Die Oldenburgische Landesbank AG übernimmt für den Inhalt der Information deshalb keine Haftung.

Kurs-, Wert- und Zinsentwicklung

Zurückliegende Kurs-, Wert- und Zinsentwicklungen können für die zukünftige Entwicklung nicht gewährleistet werden. Angaben zur bisherigen Kurs-, Wert,- und Zinsentwicklung erlauben keine verlässliche Prognose für die Zukunft.

Prognosen

Angaben zu Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. Prognosen basieren auf Annahmen, Schätzungen, Ansichten oder Analysen, die sich als nicht zutreffend oder nicht korrekt herausstellen können.

Glossar

Fachbegriffe lassen sich leider nicht immer vermeiden – insbesondere bei komplexen Themen aus dem Finanzbereich. Ein umfangreiches Glossar finden Sie auf www.olb.de/glossar.

Newsletter vom 25. Juni 2025

Carsten Brömstrup – Chefanalyst
Oldenburgische Landesbank AG

Zum Newsletter anmelden