Historischer Zollanstieg in den USA – Drohender Inflationsschock bremst Fed

Ein Inflationsschock in den USA als Folge der US-Handelspolitik scheint unausweichlich, und eine mittelfristig höhere Inflation ist möglich. Gleichzeitig wird sich aufgrund des Kaufkraftverlusts der Konsumenten die US-Wirtschaft abkühlen. Erst mit der abklingenden Gefahr von Zweitrundeneffekten bzw. wenn die wirtschaftliche Abkühlung ersichtlich wird, kann die US-Notenbank die Zinsen senken. Kurzfristig hingegen hat die Fed wenig Raum für Zinssenkungen – trotz ihrer aktuell restriktiven Ausrichtung.
Laut Yale University (Budget Lab) steigt der effektive Zollsatz für US-Konsumenten auf 17 Prozent – unter Einbezug der aktuellen Zollankündigungen. Das ist der höchste Wert seit fast 100 Jahren und markiert einen abrupten Anstieg (Abb. 1). Die Zölle wirken wie ein externer Preisschock: Die Kombination aus Dollar-Schwäche und Zollanstieg führt zu einem spürbaren Kaufkraftverlust. Laut Juni-Umfrage erwarten US-Haushalte eine Inflation von über 8 Prozent.
Die IKB hat die Wirkung der Zölle auf die Inflation empirisch analysiert (Abb. 2). Ein Zollanstieg von 2,4 Prozent (2024) auf 17 Prozent (2025) führt zu einem Inflationsanstieg von 1,4 Prozent-Punkten im laufenden und 2,2 Prozent-Punkten im nächsten Jahr. Für die dann folgenden vier Jahre ist es immer noch im Durchschnitt ein Plus von 1,5 Prozent-Punkten. Die Gefahr von Zweitrundeneffekten ist deshalb vor allem im Fall einer stabilen Konjunkturentwicklung hoch. Eine spürbare Abkühlung der US-Wirtschaft ist notwendig, um das Inflationsrisiko in den Griff zu bekommen. Ohne eine zügige Abkühlung der US-Wirtschaft ist eine US-Inflationsrate von über 4 Prozent im nächsten Jahr nicht auszuschließen.
Für die Geldpolitik bedeutet dies: Die Fed hat kurzfristig kaum Spielraum für Zinssenkungen. Mit einem Niveau der Fed-Funds-Rate von 4,5 Prozent wirkt die Geldpolitik jedoch immer noch restriktiv. Deshalb ist eine Zinsanhebung selbst bei steigender Inflation unwahrscheinlich. Mit einer neutralen bzw. expansiven Geldpolitik ist angesichts der Inflationsrisiken auf Sicht nicht zu rechnen. Auch haben die Zölle den Gleichgewichtszinssatz zumindest kurz- bis mittelfristig erhöht. Bedeutend niedrigere Zinsen sind deshalb selbst für 2026 nicht zu erwarten. Dies gilt auch für das lange Ende der US-Zinskurve.
Die IKB erwartet eine Senkung der Fed-Funds-Rate von nicht mehr als 50 bp bis Ende 2025. Das Zinsniveau wäre dann immer noch restriktiv. 2026 wird der Zinspfad von der Konjunktureintrübung geprägt sein. Eine expansive Geldpolitik mit Zinsen von unter 3 Prozent ist bei den aktuellen Inflationsrisiken nur schwer vorstellbar.

Newsletter vom 6. August 2025
Dr. Klaus Bauknecht – Chefvolkswirt
IKB Deutsche Industriebank AG
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