Und was macht der US-Dollar?

Der US-Dollar hat im ersten Halbjahr 2025 in historischem Ausmaß gegenüber dem Euro an Wert verloren. Hierunter leiden nicht nur die deutschen Exportaussichten, sondern auch alle US-Investments deutscher Anleger. Wie geht es nun im restlichen Jahresverlauf mit der Entwicklung des Dollars weiter?
„Und was macht der Dollar?“ so lautete schon der Titel eines Buches von Börsenaltmeister André Kostolany. Und obwohl das jetzt schon rund 40 Jahre zurückliegt, ist die Frage aktueller denn je. Denn nicht nur für unsere deutsche Exportwirtschaft hat die Entwicklung des Dollar-Kurses einen immens hohen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg. Auch für international investierte Portfolios kann der Wechselkurs maßgeblich über die Wertentwicklung entscheiden.
So ist der US-Dollar seit Jahresbeginn gegenüber dem Euro um mehr als 12 Prozent gefallen. Für Investoren aus der Eurozone hat diese starke US-Dollar-Abwertung unerfreuliche Auswirkungen: US-Investitionen verlieren bei einem schwächeren Dollar an Wert, sobald die Erträge in Euro umgerechnet werden. Das zeigt sich eindrucksvoll an der Wertentwicklung des S&P 500 Index: Während der US-Aktienindex in Dollar gerechnet seit Jahresanfang einen Gewinn von rund 8 Prozent erzielt hat, ergibt sich für einen Euro-Anleger ein Verlust von 4 Prozent. Somit kommt diese Wertsteigerung bei Euro-Investoren trotz der positiven Kursdynamik vieler US-Aktiengesellschaften im aktuellen Jahr nicht an.
Mit Blick nach vorne stellt sich die Frage, ob sich die jüngste Abwertung des US-Dollars fortsetzt oder der „Greenback“ wieder an Wert gewinnt. Unseres Erachtens ist die aktuelle Dollar-Schwäche vor allem auf emotionale Faktoren und einen Vertrauensverlust in den US-Dollar zurückzuführen. Fundamental ist diese Entwicklung kaum zu begründen. Eine wichtige Kennzahl zur Beschreibung des Euro/US-Dollar-Wechselkurses ist die Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone – etwa gemessen an der Rendite-Differenz zweijähriger Staatsanleihen. Historisch besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Wechselkurs und der Zinsdifferenz: Wird die Verzinsung in der Eurozone attraktiver, steigt die Nachfrage nach dem Euro, und die Gemeinschaftswährung wertet auf.
Aktuell hat dieser fundamentale Zusammenhang jedoch keinen Bestand, was für eine Übertreibung spricht. Obwohl die Zinsdifferenz aus fundamentaler Sicht einen stärkeren US-Dollar impliziert, hat der Euro zuletzt aufgewertet. Wir gehen davon aus, dass sich diese Divergenz im weiteren Jahresverlauf zurückbildet und der US-Dollar einen Teil seines Vertrauensverlusts wieder aufholen kann. Mit nachlassenden Unsicherheiten dürften fundamentale Faktoren wie die Zinsdifferenz wieder stärker in den Fokus der Investoren rücken.
Hinzu kommt, dass die Wirtschaftsaussichten für die USA relativ attraktiver sind und das Inflationsrisiko in den USA bestehen bleibt. Beides spricht gegen einen deutlichen Rückgang der US-Zinsen und stützt den Dollar. Ferner erwarten wir, dass mit einer wieder optimistischeren Stimmung an den Märkten die Kapitalströme verstärkt in den US-Markt zurückkehren. Vor diesem Hintergrund können wir uns bis zum Jahresende eine moderaten Aufwertung des US-Dollars vorstellen.
Langfristig ist jedoch auch denkbar, dass der US-Dollar an globaler Bedeutung verliert: Der Anteil an den weltweiten Währungsreserven sinkt kontinuierlich, die Notenbanken setzen vermehrt auf Gold und alternative Währungen und auch als Handelswährung gerät der US-Dollar unter Druck. Technologische Innovationen und die steigende US-Staatsverschuldung könnten diesen Trend noch beschleunigen. Es gilt für einen internationalen Anleger also auch zukünftig, die Entwicklung des Dollars weiterhin aufmerksam zu beobachten.

Newsletter vom 30. Juli 2025
Martin Schilling – Leiter Geschäftsstelle Private Banking Hannover
M.M. Warburg & CO
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