Zuckerbrot und Peitsche

US- und japanische Aktien kletterten zuletzt auf neue Rekordstände, auch in Euro umgerechnet, was für uns nicht ganz unerheblich ist! Sie profitieren aktuell von der optimistischen Einschätzung potenzieller Handelsabkommen zwischen den USA, Japan und China. Es gibt schöne Bilder und wie eigentlich immer haben sich alle Hauptdarsteller dieser Schautreffen lieb und dem ein oder anderen wird sogar „warm ums Herz“ wie zuletzt Chinas Anführer Xi, als er Donald Trump sah. Es wird gegenseitig Zuckerbrot verteilt, nachdem zuvor Peitschenhiebe verteilt wurden. Seltene Erden und Soja-Käufe für im Gegenzug geringere Zölle. Und es funktioniert: Die Börse feiert diesen Schmusekurs, fühlt sich erleichtert und zufrieden. Seit rund sechs Monaten nach Trumps Zollankündigungen am „Tag der Befreiung“ können wir dieses Muster verfolgen: Buy the Dip und Risk on!
Nicht unwichtig ist, dass der eingeleitete geldpolitische Lockerungskurs der Fed weiter auf ein günstiges Börsenumfeld hinweist. Auch die EZB und die japanische Notenbank fühlen sich mit der derzeitigen Zinssituation wohl, auch wenn die Inflation ein bisschen über dem Ziel liegt. Aber wir müssen uns eh in Zukunft auf höhere Inflationsraten einstellen. Die Verschuldungslage der Staaten lässt den Notenbanken keine andere Wahl (Stichwort: „Finanzielle Repression“). Dieses auskömmliche Zins- und Inflationsumfeld unterstreicht, weshalb wir von einem insgesamt positiven, gesamtwirtschaftlichen Umfeld ausgehen sollten, wobei wir die offensichtlichen Risiken wie globale Lieferketten bei Rohstoffen oder Chips nicht kleinreden dürfen. Nicht umsonst hinkt der DAX seit rund drei Monaten deutlich selbst hinter anderen Euro-Börsen (Spanien, Italien) hinterher. Die von globalen Lieferketten abhängigen Branchen Industrie und IT machen recht genau 50 Prozent des DAX aus.
Zurück in die USA: Nach Berechnungen der UBS lehrt uns die US-Börsenhistorie seit 1970, dass die durchschnittliche annualisierte Rendite des S&P 500 bei knapp 10 Prozent liegt. Befand sich die US-Wirtschaft nicht in einer Rezession, steigt dieser Wert auf 12 Prozent. Anleger erzielten jedoch die besten Renditen (+15 Prozent), wenn sich die US-Wirtschaft nicht in einer Rezession befand und die Fed gleichzeitig die Zinsen senkte. Da es Anzeichen gibt, dass sich der US-Arbeitsmarkt abschwächt, gehen wir von mindestens drei zusätzlichen Zinssenkungen von 0,25 Prozent bis Mitte des nächsten Jahres aus. Dass Fed-Chef Powell nach der letzten Zinssitzung auf die Zinseuphoriebremse trat, ist nachvollziehbar. Aufgrund des Shutdowns und mangelnder Arbeitsmarktdaten wolle er nicht zu forsch „im Nebel“ fahren und sicherlich auch die derzeitige Aktieneuphorie abkühlen. Zuckerbrot und Peitsche halt. Gut so! Zudem dokumentierte er damit die Unabhängigkeit der Fed gegenüber Trump und Stephen Miran, dem Trumpschen-Maulwurf innerhalb der Fed. Dieser forderte unlängst eine Zinssenkung um 0,5 Prozent. Doch selbst wenn die Fed ihre Zinssenkungen beenden sollte, wird die US-Wirtschaft wohl fortgesetzt wachsen. Die vom Ausland erpressten Investitionen laufen in den USA bereits an. Zudem kann sich Trump vor den Zwischenwahlen Anfang November 2026 keine schwache Wirtschaft leisten. Die Entwicklung von US-Aktien dürfte also gut unterstützt bleiben.
Getragen wird der Aufschwung in den USA und Asien eindeutig von den Investitionen in KI und Dateninfrastruktur. Der Trend ist ungebrochen und legte im letzten Quartal sogar noch zu. Die sogenannten „Hyperscaler“ Amazon, Alphabet, Microsoft und Meta legten unglaubliche Wachstums- und Investitionszahlen (rund 375 Mrd. USD in 2025) vor. Energiezulieferer profierten ebenso. Es scheint sich in den USA ein Ökosystem zwischen den KI-Playern zu entwickeln, getragen durch gegenseitige Investitionen und Beteiligungen. Ein Schneeballsystem? Die Verschuldungssituationen von z. B. Meta oder Oracle steigen sprunghaft an. Anleihen in vielfacher Milliardenhöhe werden demnächst emittiert. Meta legte letzte Woche 30 Mrd. USD langlaufende Anleihen auf. Dies könnte auch dem Aktienmarkt Liquidität entziehen und wie eine Peitsche wirken. Wir müssen aufmerksam bleiben. Oracle kommt am 09.12. mit Zahlen, Nvidia am 19.11.
Bislang untermauert aber die starke Nachfrage nach Rechenkapazität die robusten KI-Investitionen. Die zuletzt von OpenAI angekündigten KI-Investitionen von rund 1,4 Bill. USD (Quelle Bloomberg) unterstreichen, wie die Branche den höheren Verbrauch von KI-Token unterschätzt hat. Beispielsweise sind die wöchentlich aktiven Nutzer von ChatGPT stark auf 800 Millionen gestiegen. Dies entspricht fast 10 Prozent der Weltbevölkerung, während es noch zu Beginn des Jahres nur 300 Millionen waren. Gleichzeitig ist das durchschnittliche Mitteilungsvolumen pro Nutzer zusätzlich gestiegen, auch durch KI-Videos, die wiederum viel Rechenkapazität benötigen. Diese Entwicklung ist disruptives Zuckerbrot für den Aktienmarkt.
Alles in allem bekräftigen wir unsere konstruktive Beurteilung für Aktien und prognostizieren für den S&P 500 bis Mitte 2026 einen Stand von über 7.000 Punkten. Auch asiatische Aktienindizes dürften dem Trend folgen. In Europa und vor allem Deutschland liegt der Schwerpunkt auf staatlichen Investitionen in Infrastruktur (Energie und Straßen) und Rüstung. An einer Hightech-Agenda wird gebastelt. Man erhofft sich einen Sprung aus der Rezession heraus. Allein die Sondervermögen können einen Wachstumsimpuls von +0,7 Prozent im BIP im Jahr 2026 liefern. Ein Einmaleffekt? Was bleibt ist das Warten auf spürbare Reformen. Wir bleiben gespannt und optimistisch. Der deutsche Aktienmarkt hat u. E. somit die Chance, sich auch weiterhin von der (geo)politisch zerstrittenen Szenerie abzukoppeln und Mitte 2026 bei nahe 26.000 Punkte zu notieren. Zuckerbrot und Peitsche halt.
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Newsletter vom 05. November 2025
Carsten Brömstrup – Chefanalyst
Oldenburgische Landesbank AG
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